24 May 2023

Erhöhte Verletzungsgefahr mit Tinnitus?

Erhöhte Verletzungsgefahr mit Tinnitus

Beeinträchtigt der Tinnitus auch deine Konzentration?

Besteht vielleicht sogar eine erhöhte Verletzungsgefahr mit Tinnitus?

Sicher ist, Tinnitus beeinträchtigt die Konzentration und das Gedächtnis.

Das haben viele Studien bewiesen und das bestätigt auch die Mehrzahl meiner Klienten.

Schwedische Forscher um Gerhard Andersson gingen der Frage nach, wie stark die Ohrgeräusche tatsächlich die Konzentration und das Gedächtnis beeinträchtigen. Sie verglichen die Leistung von Menschen mit und ohne Tinnitus im sog. Stroop-Paradigma. In diesem Test sollen die Probanden jeweils benennen, in welcher Farbe ein auf dem Bildschirm präsentiertes Wort geschrieben ist, und dabei den Begriff selbst ignorieren.

Auch ich wende diesen Test immer wieder in meinem Coaching an.

Vielleicht magst du ihn selber mal ausprobieren.

Bestimmt hattest du auf der linken Seite keinerlei Probleme, während du vielleicht bei den Wörtern auf der rechten Seite ins Stocken geraten bist?!

Das liegt daran, dass bei den Wörtern auf der linken Seite Farbe und Bedeutung übereinstimmen, auf der rechten Seite nicht.

Lesen gehört zu den automatisch ablaufenden Prozessen im Gehirn. Wir lesen tagtäglich, meistens sogar unbewusst. Alles, was wir als Buchstaben visuell wahrnehmen, wird auch von unserem Gehirn gelesen.

Dagegen können wir nichts tun!

Wenn wir jedoch, wie im Test, Farben wahrnehmen und benennen sollen, kommt dieser Automatismus nicht zum Tragen, sondern unser Gehirn muss sich bewusst damit befassen – es verlangt also weitaus mehr Aufmerksamkeit als das Lesen.

Beim Stroop-Effekt konkurriert der automatisch ablaufende Prozess des Lesens mit dem Wunsch, die Farbe richtig zu benennen. Wir lesen zum Beispiel Lila und automatisch, ohne, dass wir es wollen, haben wir das Wort Lila auf den Lippen. Das müssen wir aber unterdrücken, denn die richtige Farbe ist in diesem Falle Gelb. Und damit uns das gelingt, müssen mehrere Verarbeitungsschritte im Gehirn absolviert werden.

Es braucht mehr Konzentration, Aufmerksamkeit und Zeit.

Menschen mit Tinnitus gelingt das häufig eher schlecht.

Auch das gleichzeitige Bearbeiten zweier Aufgaben bereitet vielen Betroffenen Probleme, wie Catherine Stevens und ihre Kollegen von der University of Western Sydney zeigten.

Menschen mit und ohne Tinnitus sollten Wörter vorlesen, die in einer Ecke des Bildschirms erschienen, und gleichzeitig immer dann eine Taste drücken, wenn in der Mitte des Monitors ein Rechteck auftauchte. Das beansprucht geteilte Aufmerksamkeit, eine Fähigkeit, die wir täglich brauchen und nutzen, wenn wir zum Beispiel telefonieren und gleichzeitig darauf achten, dass das Essen auf dem Herd nicht anbrennt.

Menschen mit Tinnitus schnitten bei der Auf­gabe schlechter ab, ebenso scheint ihr Gedächtnis stärker beeinträchtigt, da sie sich weniger gehörte Wörter merken konnten.

Ein sehr wichtiger und daraus resultierender Aspekt ist die erhöhte Verletzungsgefahr.

Und das ist ein Aspekt, den viele meiner Klienten schmerzhaft erleben mussten. Denn durch die schlechtere Konzentrationsfähigkeit und oft auch durch zusätzlichen Schlafmangel passieren mehr Fehler und Missgeschicke. Der Tinnitus beansprucht dann zu viel Gehirnkapazität. Ohrgeräusche stören die Informationsverarbeitung, indem sie kognitive Ressourcen verbrauchen, die dann nicht mehr für anderes zur Verfügung stehen.

Darum ist es so wichtig, dass man lernt, den Geräuschen im Kopf weniger Aufmerksamkeit zu schenken, denn je weniger kognitive Ressourcen der Tinnitus beansprucht, des­to weniger kann er die Konzentrationsfähigkeit und die Gedächtnisleistung stören.

Besonders wichtig auch beim Autofahren und gefährlichen Arbeiten, die eine hohe Konzentration erfordern.

Tinnitus ist also nicht nur ein Ohrgeräusch! Er beeinträchtigt viele Punkte in unserem Leben.

 

Herzliche Grüße

Heidi Gilgert

Tinnitus Coach, Hörakustikmeisterin, Psychologische Beraterin, Entspannungspädagogin

innersmile.tinnitus.life.coaching

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